Erweiterte Bewertung der Bioabfallsammlung

Die Abfallwirtschaft Deutschlands, maßgeblich entwickelt in den letzten 30 Jahren, ist eine der besten der Welt. Wir befinden uns im letzten Sektor der noch möglichen Optimierungen. Im Bereich der letzten Annäherung an ein Optimum steigen die spezifischen Kosten einer noch erzielbaren Verbesserung grundsätzlich erheblich an. Zudem wird - gegenüber den zeitlich vorausgegangenen eindeutigen Umweltverbesserungen - teilweise unklar, ob summarisch noch eine Umweltentlastung erzielt wird: Ökologische Vor- und Nachteile beginnen untereinander zu konkurrieren.

Die damit notwendige Abwägung vor einer Entscheidung wird schwierig, das Ergebnis ist von gesetzten Annahmen sowie subjektiven oder politischen Wertungen dieser gegenläufigen Ergebnisse geprägt.
 
Wenn wir nun schon so dicht am Optimum der Abfallwirtschaft sind, wieso befassen wir uns dann weiterhin so intensiv mit ihr und fordern z.B. für den Bioabfall die dritte oder vierte Tonne vor der Haustür ? Wohl wissend, dass ein erzielbarer Umweltnutzen höchst marginal ist gegenüber dem Schaden an Klimabelastung und Ressourcenverbrauch, den wir über unser ganz normales Leben als "Konsumbürger" anrichten?
 
Die Antwort ist recht schlicht: Zum einen orientiert sich der Mensch eher an Wahrnehmung als an Wissen und möchte sich zum anderen als ökologischer Gutmensch empfinden. Abfall ist der am besten sensorisch wahrnehmbare Umweltstoff und erreicht darum besonders intensiv Gefühl und Bewusstsein. Die Umweltentlastung durch ein etwas sparsameres Auto, 10 kg pro Jahr weniger Fleischverzehr und gelegentlichen Verzicht auf eine Fernflugreise ist dagegen nicht wahrnehmbar, kann aber um gut den Faktor 10 höher ausfallen als jede maximal intensivierte Getrenntsammlung von Abfallfraktionen. Nur: Unsere normalen Lebensgewohnheiten sehen wir als unantastbar an. Wollen wir für unseren 5-CO2-Tonnen- Fernreiseflug oder gar für unseren schlichten kleinen Ausflug an die Ostsee kritisiert werden? Wollen wir Autos mit einem Maximalverbrauch von 5 l/100 km vorgeschrieben bekommen? Aus unserem potenziellen Handlungsraum für Umweltentlastungen grenzen wir also geistig die Tabuzonen des täglichen Lebens vorab aus. Was dann als Handlungsbereich übrig bleibt, ist zwar nur noch wenig wirksam, kann aber ohne Beschädigung unseres ökologischen Selbstwertgefühls angenehm diskutiert werden.
 
 
Erstellt von:
ICU - Ingenieurconsulting Umwelt und Bau
Dr. Wiegel, März und Partner Ingenieure
 
Mit einer Studienbewertung durch:
Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Scheffold



Copyright: © ITAD Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen Deutschland e.V.
Quelle: März 2014 (April 2014)
Seiten: 85
Preis: € 0,00
Autor: Dr.-Ing. Ulrich Wiegel
 
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