Vollständige Verwertung in einer MVA Bestandsaufnahme und Klimabilanz

Das Leitbild einer nachhaltigen, also dauerhaft umweltgerechten Abfall- und Ressourcenwirtschaft umfasst die vollständige, möglichst hochwertige Verwertung von Siedlungsabfällen und die mittelfristige Schließung von oberirdischen Deponien. Diese umweltpolitische Vorgabe wurde bereits 1999 durch ein Eckpunktepapier des Bundesumweltministeriums skizziert und als Ziel 2020 formuliert [BMU 1999].

Ein wesentlicher Eckpfeiler dieser Strategie ist die thermische Abfallbehandlung in fortschrittlichen Müllverbrennungsanlagen (MVA), denen mit dem 1. Juni 2005 die maßgebliche Rolle in der Siedlungsabfallwirtschaft zugefallen ist. Der Einsatz optimierter Techniken zur Abfallverbrennung und zur Aufbereitung der MVA-Rückstände ist damit ein zentrales Element zur Erfüllung einer sowohl vollständigen als auch hochwertigen Verwertung einzuschätzen. Das Umweltbundesamt hatte in diesem Zusammenhang ein Forschungsvorhaben vergeben, um den Stand, die möglichen Ansätze und Potenziale, die Müllverbrennungsanlagen in Deutschland im Hinblick auf dieses Ziel aufweisen, darzustellen und zu bewerten. Dieses Vorhaben wurde durch das IFEU, Heidelberg, durchgeführt [Fehrenbach et al. 2008].

Der Trend zur Verwertung von Reststoffen aus Müllverbrennungsanlagen zeichnete sich schon seit längerer Zeit ab. Das Ziel der  hochwertigen  Verwertung stand dabei weniger im Mittelpunkt, als die Vermeidung einer Deponierung, die zunehmend als kostenintensiv beurteilt wurde. Zu beobachten ist, dass die Schlacke – der Hauptanteil der mineralischen Rückstände aus der Verbrennung (insbesondere nach Aufbereitung) – zunehmend in bauliche Verwertungswege geführt wird. Auch die aufkonzentrierten, vom Massenanteil her kleineren Stoffströme wie Filterstäube oder Mischsalze aus der Abgasreinigung werden kaum mehr auf oberirdische Deponien verbracht, sondern werden hauptsächlich im – als Verwertung anerkannten – Versatz eingesetzt.

Im Verlauf der 90er Jahre wurden mit der Einführung der 17. BImSchV die Abgasreinigungstechniken in erheblichem Umfang optimiert. Erstmals wurden Müllverbrennungsanlagen nicht nur als Anlagen zur Abfallbeseitigung betrachtet. Vereinzelt wurden bereits Konzepte entwickelt und teilweise auch umgesetzt, Stoffströme aus der thermischen Abfallbehandlung zu erzielen, die für ein hochwertiges Recycling in den Stoffkreislauf geeignet sein sollen. Beispielgebend wurden technisch hochwertige Gipse, Salze oder auch Salzsäure. Neben der Vermeidung teurer Deponien sollten zusätzliche Erlöse die Verbrennungskosten senken helfen. Solche Ansätze sind mit Blick auf das Ziel 2020 grundsätzlich begrüßenswert. Tatsächlich sehen sich heute Anlagen mit der Kritik konfrontiert, zu teuer in Betrieb und Investition zu sein, zumal sich die Erlöse für die erzeugten Stoffe oft nicht in dem erhofften Maße realisieren ließen.

In ähnlicher Weise zeichnet sich auch diese Problematik der Energienutzung bei Müllverbrennungsanlagen ab. Eine hocheffiziente Nutzung wird in der Regel zwar stets angestrebt. Höhere Investitionen in diesem Bereich waren jedoch angesichts der Energiepreise in der Vergangenheit wenig attraktiv. Energie wurde und wird daher dort effizient genutzt, wo die Randbedingungen entsprechend günstig dafür sind. Der aktuelle Anlagenbestand von rund 70 Müllverbrennungsanlagen (von einer exakten Festlegung auf eine Anzahl wird in dieser Studie abgesehen, da sich im Bearbeitungszeitraum verschiedene Anlagenprojekte in Planung oder Bau befanden) stellt mit etwa 17 Mio. Tonnen Behandlungskapazität (Stand Mitte 2006) und seiner sehr unterschiedlichen Altersstruktur damit eine sehr heterogene Realität dar. Angesichts der seit Juni 2005 benötigten Entsorgungsleistungen ist kaum eine der Anlagen entbehrlich. Umso bedeutsamer ist es, die Potenziale technischer Optimierung gerade auch für den Bestand zu analysieren und anhand möglichst präziser Kriterien zu bewerten.

Kriterien sind dabei – grob ausgedrückt – die Gewährleistung eines Stands der Technik, die einen medienübergreifenden Umweltschutz und ebenso eine hochwertige Verwertung der energetischen und stofflichen Potenziale der behandelten Abfälle zum Ziel haben. Mit der Diskussion zum Klimawandel und den verknüpften politischen Zielen ist auch die Entsorgungswirtschaft über kurz oder lang gefragt, ihre wesentlichen Beiträge zum Klimaschutz zu leisten. Mit der Arbeit zur Nachhaltigkeit in der Abfallwirtschaft, die das IFEU im Auftrag von BMU/UBA durchgeführt hat, wurden bereits die positiven Entwicklungen von 1990 bis 2000 herausgestellt. Diese beruhen sowohl auf der grundsätzlichen Zunahme der Abfallverbrennung gegenüber der Deponierung wie auch auf der höheren Effizienz der neueren Anlagen.

Die Kernfragen des hier vorgestellten Vorhabens formulieren sich wie folgt:
- Nach welchen Kriterien wird die Erfüllung einer vollständigen Verwertung bewertet?
- In welchem Umfang sind diese Kriterien bereits erfüllt?
- Wäre eine flächendeckende Umsetzung dieser Kriterien erreichbar?
- Wie hoch wäre der ökologische Nutzen, wie hoch die ökonomischen Kosten einzuschätzen? 



Copyright: © Veranstaltergemeinschaft Bilitewski-Faulstich-Urban
Quelle: 13. Fachtagung thermische Abfallbehandlung (März 2008)
Seiten: 14
Preis: € 7,00
Autor: Dipl.-Biol. Horst Fehrenbach
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Erfahrungen bei der Beratung von Vergärungs- und Kompostierungsanlagen
© Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH (4/2024)
Die Verwendung von Biogut- und Grüngutkompost ist eine Möglichkeit, Nährstoffdefizite im Ökolandbau zu vermeiden sowie die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und sogar zu steigern.

Grundstrukturen und Gütekriterien eines Klimawandelfolgenrechts
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (2/2024)
Der Klimawandel geschieht. Und ganz unabhängig davon, wie stark wir ihn bremsen werden, spüren wir schon heute seine unabwendbaren Folgen und werden in Zukunft noch stärker mit ihnen zu kämpfen haben.

CDR-Technologien auf dem Weg in die Klimaneutralität
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (2/2024)
Der Klimawandel nimmt besorgniserregende Ausmaße an. Zugleich wird klimaneutralität versprochen. Im Paris-Abkommen nur vage in Aussicht gestellt, soll ausweislich Art. 2 des europäischen Klimagesetzes für die Union im Jahr 2050 und nach § 3 Abs. 2 KSG für Deutschland bereits 2045 bilanziell Klimaneutralität erreicht sein.