Die Stadt Darmstadt wurde aufgrund privater Klagen vom Verwaltungsgericht dazu verurteilt, eine neue Gebührenordnung zu erlassen und hiermit verbunden Rückzahlungen zu leisten. Zentrale Forderung des Gerichtes war die Einführung eines Gebührensplittings in Schmutz- und Regenwasser.
Die Stadt befand sich in einer kritischen Situation: das Misstrauen der Bürgerinnen und Bürger in die städtische Gebührenpolitik war stark gestiegen, gleichzeitig sollte sie eine neue Satzung erarbeiten, bei der die Kooperation der Bürgerinnen und Bürger eine wichtige Rolle spielt (Gebührensplitting, Erfassung der versiegelten Flächen) und schließlich sah sie sich der Situation gegenüber, mit einer enormen Welle von Widersprüchen rechnen zu müssen. In dieser Situation entschloss sich die Stadt, ein Dialogverfahren einzurichten, um im Vorfeld einer Satzungsänderung die wesentlichen Streitpunkte öffentlich zu thematisieren und das Klima in der Stadt zu verbessern. Das Institut für Organisationskommunikation (IFOK) in Bensheim wurde damit beauftragt, ein Konzept zu entwickeln und das Verfahren durchzuführen. Zentrales Element des Dialogverfahrens war ein Stadtforum, das sich aus folgenden Akteuren zusammen setzte: Zehn Bürgerinnen und Bürgern, Repräsentanten relevanter und betroffener Verbände (Mieterverein, Industrie- und Handelskammer (IHK), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),Verein Haus und Grund). Die stadtinteme Arbeitsgemeinschaft Abwasser“ der Stadt Darmstadt hatte Beobachterstatus. Die Aufgabe des Forums war es, als unabhängiger und kritischer Beobachter die Erarbeitung der neuen Gebührenordnung zu begleiten. Dabei musste das Dialogverfahren innerhalb von weniger als sechs Monaten durchzuführen sein, um Ergebnisse in den Entscheidungsprozess der Stadt bezüglich der neuen Gebührenordnung einfließen lassen zu können. Das Darmstädter Dialogverfahren zur Klärung des Darmstädter Abwassergebührenstreits“ startete im April und wurde im September 2002 abgeschlossen. In kurzer Zeit wurden innerhalb des Stadtforums die wichtigen Punkte der Abwasserproblematik erörtert und Bewertungen sowie auch Lösungsvorschläge erarbeitet. Die Forderungen und Beurteilungen des Stadtforums wurden von der Stadt Darmstadt teilweise aufgenommen, öffentlich diskutiert und in Gremien verabschiedet. Das Dialogverfahren zum Abwassergebührenstreit in Darmstadt hat gezeigt, dass mit der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern die zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Arbeit der Verwaltung erforderliche Transparenz und Offenheit wieder erreicht werden kann und auch Laien bei komplexen Fragestellungen qualitativ hochwertige Ergebnissen erzielen können. Ein bedeutendes Ergebnis war es, dass die öffentliche Auseinandersetzung auf die wichtigen Punkte fokussiert wird und so ein zunächst drohender Streit über das Gebührensplitting vermieden werden konnte. Es wurde deutlich, dass das Splitting lediglich eine Umverteilung eines zu hohen Gesamtbetrages bedeutet, und dass das eigentliche Problem in den hohen Kosten besteht. Die zentrale Forderung des Stadtforums lautet daher: Die ungünstigen vertraglichen Vereinbarungen aufgrund der Übertragung der Abwasserreinigung an ein mehrheitlich in städtischer Hand befindliches Unternehmen aus dem Jahr 1989 müssen nachverhandelt und geändert werden. Neben diesen politischen Forderungen regte das Stadtforum an, das Dialogverfahren als beispielhaft für zukünftiges Verwaltungshandeln in konfliktträchtigen und undurchschaubaren Situationen in Darmstadt zugrunde zu legen.
Copyright: | © Vulkan-Verlag GmbH |
Quelle: | GWF 07/2003 (Juli 2003) |
Seiten: | 7 |
Preis: | € 7,00 |
Autor: | Dr. Christoph Ewen Ina Gotsmann |
Diesen Fachartikel kaufen... (nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links) | |
Artikel weiterempfehlen | |
Artikel nach Login kommentieren |
Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.
Zur Berücksichtigung globaler Klimafolgen bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (9/2025)
Der Text untersucht, wie Klimafolgenprüfungen bei Deponien und Abfallanlagen rechtlich einzuordnen sind. Während das UVPG großräumige Klimaauswirkungen fordert, lehnt das BVerwG deren Prüfung im Immissionsschutzrecht ab. Daraus ergeben sich offene Fragen zur Zulassung und planerischen Abwägung von Deponien.
In-situ-Erhebung der Schädigung von Fischen beim Durchgang großer Kaplan-Turbinen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (9/2025)
Schädigungen der heimischen Fischarten Aitel, Nase und Äsche bei der Turbinenpassage wurde mittels HI-Z-Tags an zwei mittelgroßen Laufkraftwerken untersucht. Bei juvenilen Fischen wurden Überlebensraten (48 h) zwischen 87 % und 94 % gefunden, bei den adulten Fischen zwischen 75 % und 90 %. Die geringeren Schädigungen am Murkraftwerk im Vergleich zum Draukraftwerk können plausibel durch eine geringere Zahl an Turbinenflügeln (vier statt fünf), eine geringere Fallhöhe und eine etwas langsamer laufende Turbine erklärt werden.