Deutschland verfügt über hochentwickelte Technologien und umfangreiches Planungs-Know-how. Das Augenmerk sollte jedoch verstärkt darauf gerichtet werden, wie man dieses bewährte Potential in einem anderem Umfeld in angepaßter Form einsetzen kann. International marktfähig ist nicht eine hochentwickelte Technologie, sondern eine exzellente Technologie, die sich individuell anpassen läßt.
Weltweit liegen die Standards in der Abfallwirtschaft sehr weit auseinander. Dies gilt nicht nur für die Technologie, sondern auch für den Anschlußgrad der Bevölkerung an funktionstüchtige abfallwirtschaftliche Systeme. So sind weltweit weniger als 50 Prozent der Menschen an eine regelmäßige Abfallabfuhr angeschlossen. 1999 landeten rund 70 Prozent aller Abfälle weltweit auf ungesicherten Abkippplätzen. Diese Situation ist gerade dort anzutreffen, wo der urbane Raum keine oder nur eine unzureichend entwickelte Infrastruktur aufweist. Der Stand der Abfallwirtschaft ist abhängig von den sozio-ökonomischen Gegebenheiten. Gerade dort, wo der erste Schritt zu einem hygienisch und ästhetisch akzeptablen Lebensumfeld notwendig ist, fehlt das Geld, um Vorsorgemaßnahmen zu realisieren. In den Industriestaaten wird hingegen investiert. Anders als in den Entwicklungsländern kann dort der erreichte Stand des Umweltschutzes mit den eingesetzten finanziellen jedoch nur noch in geringem Maße gesteigert werden. Weltweit gesehen wird deshalb Umweltschutz und eine akzeptable Lebensqualität an der falschen Stelle investiert. man technisch und organisatorisch ansetzen, den Regionen, in denen die Abfallwirtschaft noch nicht oder unzureichend implementiert deutliche Verbesserungen zu erzielen? müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen und durchgesetzt werden. Zweitens regelmäßige Abfuhr als Basis jeder Abfallwirtschaft und als Voraussetzung für alle Schritte einzuführen. Erfolge kann man dabei nur erzielen, wenn nicht die "best available", sondern stets die "best adopted" Technologie eingesetzt wird. Und drittens muß ein minimaler Standard für die Ablagerung geschaffen werden. Es erscheint unrealistisch, in unterentwickelten Regionen einen hohen Deponiestandard zu fordern, wie ihn beispielsweise die TA Siedlungsabfall vorgibt.
Eine Chance, die Situation zu verbessern, liegt nur in der Modifikation des Ablagerungsgutes. In idealer Weise bietet sich hierzu die mechanisch-biologische Behandlung an. In den mechanischen Teil kann ein Recycling integriert werden, um so den Menschen wieder Arbeit anzubieten, die durch eine Neuordnung der Abfallwirtschaft ihren Job verlieren. Das produzierte Ablagerungsgut weist selbst beim Einbau auf Flächen ohne Basisabdichtung wesentliche Vorteile gegenüber dem Status quo auf. Ein großer Anteil der Abfälle ist organischen Ursprunges. Hierfür sind Verwertungsmethoden einzuführen. Je nach Beschaffenheit bieten sich Kompostierung oder Vergärung an, die technologisch auf den unterschiedlichsten Ebenen gestaltet und trotzdem funktionstüchtig sein können. Darüber hinaus tragen sie im Hinblick auf Energie und Pflanzennährstoffe zur Ressourcenschonung bei.
Abfallwirtschaft im internationalen Umfeld bedeutet somit, vorhandene Systeme zu optimieren und durch weiterführende Reinigungstechniken in Industrie- und zum Teil Schwellenländern zu ergänzen. Darüber hinaus muß überall dort eine Basisversorgung implementiert werden, wo sie bislang fehlt oder wo erhebliche Defizite im Anschlußgrad oder der Technik vorzufinden sind. Deutschland verfügt über hochentwickelte Technologien und umfangreiches Planungs-Knowhow. Das Augenmerk sollte jedoch verstärkt darauf gerichtet werden, wie man dieses bewährte Potential in einem anderem Umfeld in angepaßter Form einsetzen kann. International marktfähig ist nicht eine hochentwickelte Technologie, sondern eine exzellente Technologie, die sich individuell anpassen läßt.
Prof. Dr. Werner Bidlingmaier, Knoten Weimar an der Bauhausuniversität Weimar
Prof. Dr. Klaus Fricke, Knoten Weimar an der Technischen Universität Braunschweig
Copyright: | © Rhombos-Verlag |
Quelle: | 03/2002 - Internationale Abfallwirtschaft (August 2002) |
Seiten: | 1 |
Preis: | € 0,00 |
Autor: | Prof. Dr. Ing. habil. Werner Bidlingmaier Prof. Dr.-Ing. Klaus Fricke |
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