Hydrologische, morphologische und sedimentologische Analysen als Grundlage für die Konzipierung von Schwall-Sunk-Maßnahmen - Fallbeispiel Alpenrhein

Schwall und Sunk wurde als eine der wesentlichen anthropogenen Beeinträchtigungen alpiner Fließgewässer ausgewiesen und vielfach als prioritär für eine Sanierung definiert. Mitunter sind aber Mehrfachbelastungen in den alpinen Fließgewässern vorhanden, deren negative Auswirkungen sich auf das Gewässerökosystem überlagern können. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, anhand von Untersuchungen am Alpenrhein und an einigen ausgewählten Fallbeispielen aus Österreich wesentliche Komponenten für eine zielgerichtete Maßnahmenplanung zur Sanierung von Schwallstrecken aufzuzeigen.

Hydromorphologische Veränderungen von Fließgewässersystemen sind vielfach als ein wesentlicher Stressor für die aquatische Ökologie ausgewiesen. Beispielsweise befindet sich der Großteil der österreichischen Fließgewässer laut Risikoausweisung hinsichtlich der möglichen Verfehlung der WRRL-Ziele in einem mäßigen (Bewertungsklasse 3) bis schlechtem Zustand (Bewertungsklasse 5), viele Strecken davon auf Grund hydromorphologischer Belastungen. In der Schweiz sind 46 % der Gewässer unter 600 m. ü. A. in einem schlechten morphologischen Zustand (strukturarm: verbaut, begradigt, eingeengt oder überdeckt). In der ganzen Schweiz sind dies 14 000 km. Weiters sind durch Schwall und Sunk in etwa 1 000 km wesentlich beeinträchtigt und 100 bis 120 Anlagen sind zu sanieren. In Österreich sind 2,8 % der Fließgewässer als schwallbeeinträchtigt ausgewiesen, in denen die Erreichung des guten ökologischen Potenzials als Zielgröße definiert wurde (alle Schwallstrecken wurden als stark veränderte Wasserkörper ausgewiesen). Laut Nationalem Gewässerbewirtschaftungsplan 2015 haben 0,5 % der Fließgewässer mit hydrologischer Veränderung durch den kraftwerksbedingten Schwall bereits diesen Zielzustand erreicht. Diese Zahlen zeigen jedoch, dass bereits in der nächsten (bis 2021), aber vor allem in der letzten Erstreckungsfrist der Zielerreichung (bis 2027) erheblicher Handlungsbedarf besteht.
Um Verbesserungsmaßnahmen zielgerichtet (Erreichung des guten Potenzials) durchzuführen, gilt es bestimmte Kriterien zu berücksichtigen, die sich an den Zustand natürlicher und naturnaher Fließgewässer anlehnen. Durch diese Variabilität der natürlichen und naturnahen Zustände wird jedoch die Notwendigkeit einer Einzelfallbeurteilung von schwallbeeinflussten Fließgewässerstrecken von Beginn an unterstrichen. Durch die lebensraumprägenden bzw. bestimmenden Faktoren, wie Hydrologie (Abflussregime), Morphologie und Feststoffhaushalt (z. B. Geologie, Landnutzung), werden ebendieseunterschiedlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung von Schwallstrecken definiert. Diese sind vorab als unabhängige Größen von weiteren anthropogenen Beeinträchtigungen anzusehen und führen mitunter dazu, dass vereinheitlichte Bewertungsverfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen einer detaillierten Lebensraumbewertung (z. B. mittels Habitatmodellierung) führen können. Weiters gilt es für eine naturnahe Konzipierung von Maßnahmen die übergeordnete dynamische Komponente der Fließgewässer in der Planung, der Evaluierung und in mittel- bis längerfristigen Monitorings zu berücksichtigen. Der kraftwerksbedingte Sunk und Schwall ist zwar als eine hochdynamische hydrologische Komponente im Gewässersystem anzusehen, deren negative Auswirkungen auf die Gewässerökologie auch bereits in vielen Bereichen umfassend dokumentiert wurden. Als Beispiel sind hier das Stranden von aquatischen Organismen bei Sunk oder die Erhöhung der Trübe bei Schwall zu nennen.



Copyright: © Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
Quelle: Wasserwirtschaft 01/2016 (Januar 2016)
Seiten: 7
Preis: € 10,90
Autor: Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. Christoph Hauer
Dipl.-Ing. Patrick Holzapfel
Ao. Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmut Habersack
Dr. Diego Tonolla
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Talsperren - Essenziell fuer die Minderung der Klimawandelfolgen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Die Bedeutung von Talsperren und Wasserspeichern wird in diesem Beitrag im Kontext des Klimawandels und der steigenden globalen Wassernachfrage betrachtet. Die Diskrepanz zwischen Wassernachfrage und verfügbarer Speicherkapazität wächst aufgrund von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Rückgang der Süßwasservorräte. Viele große Talsperren weltweit sind über 50 Jahre alt, was zum Teil Bedenken hinsichtlich ihrer Standsicherheit und Verlandung des Stauseevolumens aufwirft. Die Verlandung ist ein weltweit zunehmendes Problem. Ohne nachhaltige Maßnahmen werden bis 2050 viele Stauseen im Mittel bis zu 50 % verlandet sein. Eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung und Maßnahmen zur Minderung der Stauraumverlandung angesichts eines wachsenden globalen Wasserspeicherbedarfs sind unabdingbar.

Ressourcenorientierte Sanitärsysteme für nachhaltiges Wassermanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Abwassersysteme stehen infolge des Klimawandels und der Ressourcenknappheit vor Herausforderungen. Ressourcenorientierte Sanitärsysteme (NASS) ermöglichen durch eine getrennte Erfassung einzelner Abwasserteilströme (z. B. Grauwasser, Urin) eine gezielte Behandlung und Ressourcenrückgewinnung vor Ort. Zudem können sie bestehende Infrastrukturen entlasten. Praxisbeispiele verdeutlichen aktuelle Anwendungen von NASS. Das Projekt BeReit zeigt, dass eine Urinseparation den Belüftungsbedarf und Spurenstoffemissionen von Kläranlagen reduzieren kann.

Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.