Der Betreiber öffentlicher Abwasseranlagen entnimmt seiner Abwasseranlagenbau- und ‑betriebsgenehmigung in aller Regel, dass er zur Eigenkontrolle (Selbstüberwachung) verpflichtet sei. Zumeist wird das jedoch nicht im Genehmigungsbescheid näher ausgestaltet, sondern durch Landes-Verordnungen, Verwaltungsvorschriften oder aber auch nur als Bestandteil der allgemein anerkannten Regeln der Technik des Abwasseranlagenbetriebs definiert. Hieraus resultieren durchaus beträchtliche Unterschiede in der wasserbehördlichen Praxis der Länder. Das neue Wasserhaushaltsgesetz enthält insoweit zwar einen Ansatz zur Vereinheitlichung der materiellen Prüfungsmaßstäbe, indem es nun die unmittelbar geltende Verpflichtung der Betreiber von Abwasseranlagen ausspricht, eigeninitiativ deren Zustand, Funktionsfähigkeit, Unterhaltung und Betrieb sowie Art und Menge des Abwassers und der Abwasserinhaltsstoffe selbst zu überwachen (vgl. § 61 Abs. 2 Satz 1 WHG). Eine dies näher konkretisierende Bundes-Rechtsverordnung (vgl. § 61 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 61 Abs. 3 und § 23 Abs. 1 Nr. 8, 9 und 11 WHG) gibt es indes bislang nicht und steht derzeit auch nicht auf der Agenda der Bundesregierung. Sowohl aus verfassungsrechtlichen Gründen ('konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit der Länder') als auch aus der Delegation des § 23 Abs. 3 WHG ergibt sich aber, dass die Länder diesen Gestaltungsspielraumnutzen können.
Nordrhein-Westfalen hat diese Möglichkeit genutzt und - gestützt auf die landesgesetzliche Verordnungsermächtigung in §§ 60 Abs. 2 und 61 Abs. 2 LWG - seine bisherige SüwV Kanal durch eine umfassend angelegte 'SelbstüberwachungsVO Abwasser' ersetzt. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit richtete sich bis dahin auf deren umweltpolitische Funktionals bislang noch fehlender Baustein zur Ersetzung der landespolitisch sehr umstrittenen Regelungen zur Dichtheitsprüfung privater Abwasseranlagen (vgl. die inzwischen aufgehobenen §§ 45 BauOund 61a LWG). Wohl deshalb befasst sich die kommunale und verbandliche Praxis erst jetzt intensiver mit den Neuregelungen, welche für die öffentlichen Abwasseranlagen gelten. Diese repräsentieren bereits auf den ersten Blick einen gestiegenen wasserbehördlichen Informationsanspruch - und einen damit korrespondierenden erhöhten investiven, betrieblichen, personellen und organisatorischen Aufwand der Anlagenbetreiber. Da es dabei um die Auslegung bundesrechtlicher Begriffe und um die Ausgestaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik bzw. des Standes der Technik i.S.d. §§ 60 und 61 WHG geht, kann die darin verfolgte Konzeption auch für den Vollzug anderer Landeswassergesetze von Interesse sein. Denn die bundesrechtlichen Anforderungen an die Selbstüberwachung von Abwasseranlagen wie auch die technischen Begrifflichkeiten sind bundesweit die gleichen; lediglich der Vollzug differiert bislang von Bundesland zu Bundesland.
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| Quelle: | Heft 04 - 2014 (November 2014) |
| Seiten: | 14 |
| Preis: | € 25,00 |
| Autor: | Prof. Dr. jur. Peter Nisipeanu |
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