Die Öffentlichkeitsbeteiligung in § 16 Abs. 2 BImSchG im Lichte der Industrieemissions-Richtlinie

Vordergründig ist die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen genehmigungsbedürftiger Anlagenänderungen vertrautes Gelände: Wann die Änderung einer Anlage nach Bundesimmissionsschutzgesetz der Genehmigung bedarf und in welchen Fällen die Öffentlichkeit am Genehmigungsverfahren zu beteiligen ist, bestimmt § 16 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).

Die Regelungen der bisherigen IVU-Richtlinie und der diese ablösenden IE-Richtlinie sehen eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Änderungsgenehmigungsverfahren nur vor, wenn die Änderungen erhebliche nachteilige Wirkungen haben. Das alleinige Erreichen von Schwellenwerten aus dem Anhang I beider Richtlinien führt ohne gleichzeitig vorliegende erhebliche nachteilige Wirkungen jedoch nicht zur zwingenden Öffentlichkeitsbeteiligung. Insofern entspricht § 16 Abs. 2 BImSchG den unionsrechtlichen Vorgaben.
Doch selbst wenn § 16 Abs. 2 BImSchG entgegen der Richtlinienvorgaben die Öffentlichkeitsbeteiligung regeln würde, könnte dieser Verstoß gegen den Vorrang des Unionsrechts nicht durch schlichte europarechtskonforme Auslegung umgangen werden. Insoweit stehen Wortlaut und Sinn des § 16 Abs. 2 BImSchG entschieden gegen eine solche Auslegung. Im Übrigen könnte eine europarechtskonforme Auslegung nicht durch die Verwaltungspraxis erfolgen. Eine solche europarechtskonforme Auslegung könnte nur durch Gerichte erfolgen.
Bis eine solche Entscheidung höchstrichterlich getroffen ist, gilt es, von der Öffentlichkeitsbeteiligung weiterhin nach § 16 Abs. 2 BImSchG abzusehen, wenn die Schwellenwerte des Anhang I der 4. BImSchV erreicht, aber keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Schutzgüter des § 1 BImSchG gegeben sind.
 
 



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 04 - 2013 (September 2013)
Seiten: 6
Preis: € 25,00
Autor: Dr. Gernot-Rüdiger Engel
Dr. Mathias Mailänder
 
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