Die Europarechtswidrigkeit des KrWG

- Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit für getrennt erfasste Haushaltsabfälle zur Verwertung und falsche Umsetzung der Abfallhierarchie
Am 1. Juni 2012 ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) in Kraft getreten. Es dient der Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) 2008/98/EG in deutsches Recht. Das KrWG enthält Regelungen, die starken europarechtlichen Bedenken begegnen. Das betrifft zum einen die Organisation der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushalten und zum anderen die Umsetzung der von der AbfRRL vorgegebenen fünfstufigen Abfallhierarchie.

Bei der europarechtlichen Beurteilung der Überlassungspflicht für Haushaltsabfälle stehen das EU-Wettbewerbsrecht nach Art. 102, 106 AEUV und die Warenverkehrsfreiheit als Beurteilungsmaßstab gleichberechtigt nebeneinander. Insofern kann das nach Wettbewerbsrecht unter Umständen nicht zu beanstandende Monopol, das die Überlassunsgpflicht nach § 17 KrWG den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern bei der Entsorgung der getrennt erfassten Haushaltsabfälle zur Verwertung gewährt, als Verletzung der Warenverkehrsfreiheit für Abfälle durchaus zur Europarechtswidrigkeit des KrWG führen. Rechtfertigungen unter Gesundheits- und Umweltschutzerwägungen gelingen nicht und auch eine Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt des Schutzes einer Daseinsvorsorgeleistung, einer DAWI, gelingt nicht. Denn auch die Einordnung der Entsorgung getrennt erfasster Haushaltsabfälle zur Verwertung als DAWI steht nicht im Einklang mit Europäischem Recht. Zumindest steht sie im Widerspruch zu europäischem 'soft law' und kann nicht aus dem speziellen europäischen Sekundärrecht abgeleitet werden. Es bleibt indes abzuwarten, wie sich die Europäische Kommission dazu stellt. Im Hinblick auf die Umsetzung der Abfallhierarchie hat sich die Kommission jedenfalls schon eindeutig positioniert. Der Verstoß gegen die Vorgaben der AbfRRL durch die Heizwertklausel nach § 8 Abs. 3 KrWG ist so offensichtlich, dass jedenfalls in diesem Punkt mit einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik zu rechnen ist.
 
Bild: Fotolia



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 05 - 2012 (Oktober 2012)
Seiten: 17
Preis: € 32,00
Autor: Christian Suhl
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.

Zur Berücksichtigung globaler Klimafolgen bei der Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen
© Lexxion Verlagsgesellschaft mbH (9/2025)
Der Text untersucht, wie Klimafolgenprüfungen bei Deponien und Abfallanlagen rechtlich einzuordnen sind. Während das UVPG großräumige Klimaauswirkungen fordert, lehnt das BVerwG deren Prüfung im Immissionsschutzrecht ab. Daraus ergeben sich offene Fragen zur Zulassung und planerischen Abwägung von Deponien.

In-situ-Erhebung der Schädigung von Fischen beim Durchgang großer Kaplan-Turbinen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (9/2025)
Schädigungen der heimischen Fischarten Aitel, Nase und Äsche bei der Turbinenpassage wurde mittels HI-Z-Tags an zwei mittelgroßen Laufkraftwerken untersucht. Bei juvenilen Fischen wurden Überlebensraten (48 h) zwischen 87 % und 94 % gefunden, bei den adulten Fischen zwischen 75 % und 90 %. Die geringeren Schädigungen am Murkraftwerk im Vergleich zum Draukraftwerk können plausibel durch eine geringere Zahl an Turbinenflügeln (vier statt fünf), eine geringere Fallhöhe und eine etwas langsamer laufende Turbine erklärt werden.