Editorial: Hohe Maßstäbe
Das Highlight des Jahres ist vorbei, die IFAT ENTSORGA 2012 ist Geschichte. Und was für eine. Waren es 2010 noch 109.589 Besucher, so kamen in diesem Jahr rund125.000 Fachbesucher aus aller Welt nach München.

(11.06.2012) 40 Prozent der Besucher kamen aus dem Ausland, was zeigt, dass die IFAT ENTSORGA längst zum internationalen Maßstab aller Umweltmessen geworden ist. Die Hallen waren Wochen zuvor ausgebucht und die Superlative nehmen kein Ende. Die Dimensionen werden immer größer, das Veranstaltungsprogramm immer gedrängter. Die Distanzen zwischen den Messehallen, vor allem aber zwischen den Symposien und Konferenzen sind kaum noch in vernünftiger Zeit zu bewältigen. Wäre es vielleichtbesser, die Tagungen und Symposien an einem Punkt bzw. in einem Forum zu konzentrieren? So wären zumindest nicht immer nur die sportlichen Fähigkeiten der Messebesucher gefragt. Und noch etwas ließe sich wohl verbessern. In diesem Jahr mussten sich die Messebesucher von einer lieb gewonnenen und sinnvollen Sache verabschieden: Die Mitbenutzung von Bus + Bahn mit dem Messeticket. Die Messegesellschaft argumentiert mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung mit den Autofahrern, die in der Vergangenheit im Ausgleich zu den MVV-Tickets kostenlose Parkplätze gefordert hätten. 'Daher hat die Messe München GmbH ... das Vertragsverhältnis mit dem Münchner Verkehrsund Tarifverbund MVV auslaufen lassen', meint Dr. Wolf-Dietrich Müller, Generalbevollmächtigter der Geschäftsführung der Messe München. Dieses Argument kann und darf nicht gelten. Für eine Messe, die sich zu recht als größte Umweltmesse der Welt bezeichnet, muss die freie Fahrt mit dem ÖPNV für Messebesucher genauso selbstverständlich sein wie eine Mülltrennung in den Messehallen - und ein sichtbares Zeichen für praktizierten Umweltschutz. Die MVV tut ihr übriges, um den Erwerb der Wochenkarte möglichst umständlich zu gestalten. Internetkauf wie in anderen Messestädten? Fehlanzeige. Automatenkauf? Nur an speziellen Automaten. Kundenfreundlicher Umweltschutz sieht anders aus.
Doch zurück zur Messe. Das Thema Energiewende und Rohstoffsicherung zog sich wie ein roter Faden durch alle Tagungsbeiträge und Symposien. Nicht der Hauch eines Zweifels beschleicht die Fachwelt, ja sie sieht sich durch die zahlreichen Anfragen und Kontakt aus dem Ausland auf ihrem Weg bestätigt. Das Ausland schaut auf Deutschland. Und das ist gut so, auch wenn es durchaus unterschiedliche Ansätze gibt, das Ziel einer echten Kreislaufwirtschaft zu erreichen und die Energiewende glaubwürdig zu vollziehen. Was heute Politiker aller Couleur in Sachen Umweltpolitik von sich geben - auch auf der Messe - hätte noch vor zehn Jahren locker zu einem Parteiausschlussverfahren gereicht. Die Energiewende ist zum festen Bestandteil konservativer Politik geworden, auch wenn es bei der Bundesregierung in Berlin mehr denn je laut im Getriebe knirscht. Die fachliche Kompetenz eines Umweltministers Dr. Norbert Röttgen soll hier nicht diskutiert werden, auch nicht seine hehren Absichten. Er war noch nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg - jedenfalls meistens. Aber vielleicht brauchen wir doch ein Energieministerium mit einem Naturwissenschaftler oder einem Ingenieur an der Spitze? Peter Altmaier ist wieder 'nur' ein Jurist. Aber im Kabinett scheint sowieso jeder alles zu können.
Wünschen wir dem neuen Umweltminister eine glückliche Hand bei seinen Entscheidungen und eine erfolgreiche Politik. Wir können
es brauchen.
Autor: Martin Boeckh
Foto: Privat
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