Unmittelbare Wirkung der Abfallrahmenrichtlinie

Eigentlich mussten die Mitgliedstaaten der Abfallrahmenrichtlinie nach deren Art. 40 Abs. 1 ab dem 13.12.2010 nachkommen und die entsprechenden Umsetzungsvorschriften in Kraft gesetzt haben. Weil dies in Deutschland nicht erfolgt ist, stellt sich die Frage, inwieweit diese Richtlinie unmittelbare Wirkung entfaltet. Das ist in eher geringem Umfang der Fall. Insbesondere aber ist das Erfordernis eines Mindestheizwertes von 11.000 kj/kg bei der energetischen Verwertung nicht (mehr) anwendbar.

Bei verzögerter Umsetzung einer Richtlinie durch die Mitgliedstaaten stellt sich die Frage der unmittelbaren Wirkung. Entsprechend dem auf Umsetzung und Zielverwirklichung angelegten Normprogramm von Richtlinien können es nicht die Mitgliedstaaten in der Hand haben, deren Wirkung zu verzögern. Die eigene Säumnis können sie daher nicht der Geltung der Richtlinie und damit ihren Bürgern entgegenhalten dürfen, wenn diese sich auf eine solche Richtlinie berufen. Diese Argumentation aus dem Grundsatz von Treu und Glauben bzw. nach dem Estoppel- Prinzip ist dabei die entscheidende Basis, wie sich an der Verneinung der horizontalen Drittwirkung zeigt: Nur staatlichen Stellen als Teil des säumigen Mitgliedstaats kann der Richtliniengehalt trotz fehlenden oder defizitären nationalen Umsetzungsrechts entgegengehalten werden, nicht aber Privaten, die sich das mitgliedstaatliche Fehlverhalten nicht vorhalten lassen müssen. Schließlich ist es ihnen nicht zurechenbar und spricht Art. 288 Abs. 3 AEUV nur die Mitgliedstaaten an. Noch stärker gilt diese Beschränkung der Adressaten unmittelbarer Richtlinienwirkung, wenn man diese als Sanktion mitgliedstaatlichen Fehlverhaltens begreift4 bzw. in eine Sonderverbindung zwischen Mitgliedstaat und Marktbürger einbettet.



Copyright: © Lexxion Verlagsgesellschaft mbH
Quelle: Heft 03 - 2011 (Mai 2011)
Seiten: 4
Preis: € 32,00
Autor: Univ.-Prof. Dr. jur. Walter Frenz
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern strebt bis 2040 Klimaneutralität an. Die Entwässerung der Moore verursacht knapp 30 % der landesweiten Treibhausgasemissionen - hier ist dringender Handlungsbedarf. Seit 2023 fördern AUKM-Programme die Anhebung von Wasserständen in landwirtschaftlich genutzten Mooren. Es zeigen sich viele Fortschritte, die aber weiterhin auf Genehmigungs-, Finanzierungs- und Koordinationshürden stoßen.

Paludikultur als Chance für Landwirtschaft, Bioökonomie und Klima
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Wirtschaftliche Perspektiven sind notwendig, um die Landwirtschaft für die Umstellung von entwässerter Moorboden-Bewirtschaftung auf nasse Moornutzung zu gewinnen. Paludikultur-Rohstoffe bieten großes Potenzial für Klima und Bioökonomie. Erste marktfähige Anwendungen zeigen, dass sich etwas bewegt.

Die Revitalisierung von Mooren erfordert ein angepasstes Nährstoffmanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Globale Herausforderungen wie der fortschreitende Verlust der biologischen Vielfalt, die Eutrophierung von Gewässern und die zunehmenden Treibhausgasemissionen erfordern die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen von Mooren. Bis jedoch langjährig entwässerte und intensiv genutzte Moore wieder einen naturnahen Zustand erreichen und ihre landschaftsökologischen Funktionen vollständig erfüllen, können Jahrzehnte vergehen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die hohen Nährstoffüberschüsse im vererdeten Oberboden.