Weiterentwicklung der 17. BImSchV

In Europa kann bezogen auf verbindliche Emissionsgrenzwerte ein grundsätzlicher Unterschied der Regelungsphilosophien festgestellt werden. Ein zahlenmäßig sehr dominierendes Lager möchte so wenig wie möglich verbindliche Grenzwerte und ein hohes Maß an Flexibilität seitens der Mitgliedsstaaten. Dieses Lager wird angeführt durch UK (1) und Italien.

Auf der anderen Seite steht Deutschland mit ganz wenigen weiteren Mitgliedsstaaten, die möglichst verbindliche für alle Industrieanlagen geltende Emissionsgrenzwerte europaweit eingeführt sehen möchten. Diese - europäischen - Grenzwerte sind die äußerste Grenze der Flexibilität der Mitgliedstaaten, über die auch im Einzelfall nicht mehr hinausgegangen werden darf. Die europäischen Grenzwerte legen NICHT den Stand der Technik fest; vielmehr wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie nicht hinreichen, um Schutz und Vorsorge oder Umweltqualitätsziele zu erfüllen. Die europäischen Grenzwerte sind in erster Linie ökonomisch orientiert, um WETTBEWERBSVERZERRUNGEN möglichst gering zu halten.
 
Im Gegensatz dazu stehen die im deutschen Immissionsschutzrecht flächendeckend für alle Industrieanlagen festgelegten einheitlichen Emissionsbegrenzungen. Sie sind so angelegt, dass ihre Einhaltung einen Betrieb nach dem Stand der Technik garantiert; sie sind in erster Linie umweltpolitisch motiviert und berücksichtigen bereits die Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen sowie den Grundsatz der Vorsorge und Vorbeugung.
 
Das europäische Immissionsschutzrecht ist daher ein Spagat zwischen der Forderung nach einem Betrieb entsprechend der besten verfügbaren Techniken und ökonomischer Flexibilität ohne ausuferndes 'Öko-Dumping'. Und nur vor diesem Hintergrund sind einzelne Regelungen und die derzeit dazu geführte Diskussion auf europäischer Ebene zu verstehen. Es ist nur für einen kleinen Kernbereich bisher gelungen, einheitliche europäische Mindestanforderungen festzulegen: für die Abfall- und die Energiewirtschaft. Wegen der unterschiedlichen Regelungsziele sind diese europäischen Werte jedoch nicht das Maß für nationale Festlegungen zum Stand der Technik in immissionsschutzrechtlichen Verordnungen.



Copyright: © Witzenhausen-Institut für Abfall, Umwelt und Energie GmbH
Quelle: 21. Kasseler Abfall- und Bioenergieforum - 2009 (April 2009)
Seiten: 13
Preis: € 6,50
Autor: Prof. (apl.) Dr. Uwe Lahl
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern strebt bis 2040 Klimaneutralität an. Die Entwässerung der Moore verursacht knapp 30 % der landesweiten Treibhausgasemissionen - hier ist dringender Handlungsbedarf. Seit 2023 fördern AUKM-Programme die Anhebung von Wasserständen in landwirtschaftlich genutzten Mooren. Es zeigen sich viele Fortschritte, die aber weiterhin auf Genehmigungs-, Finanzierungs- und Koordinationshürden stoßen.

Paludikultur als Chance für Landwirtschaft, Bioökonomie und Klima
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Wirtschaftliche Perspektiven sind notwendig, um die Landwirtschaft für die Umstellung von entwässerter Moorboden-Bewirtschaftung auf nasse Moornutzung zu gewinnen. Paludikultur-Rohstoffe bieten großes Potenzial für Klima und Bioökonomie. Erste marktfähige Anwendungen zeigen, dass sich etwas bewegt.

Die Revitalisierung von Mooren erfordert ein angepasstes Nährstoffmanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Globale Herausforderungen wie der fortschreitende Verlust der biologischen Vielfalt, die Eutrophierung von Gewässern und die zunehmenden Treibhausgasemissionen erfordern die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen von Mooren. Bis jedoch langjährig entwässerte und intensiv genutzte Moore wieder einen naturnahen Zustand erreichen und ihre landschaftsökologischen Funktionen vollständig erfüllen, können Jahrzehnte vergehen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die hohen Nährstoffüberschüsse im vererdeten Oberboden.