Wasserstoff aus Abfall - Hydrothermale Gaserzeugung macht Bioabfälle interessant

Wasserstoff ist als sekundärer Energieträger für die zukünftige Energieerzeugung in der Diskussion und bereits heute ein wichtiger Chemierohstoff. Gelingt seine CO2-neutrale Herstellung aus Biomasse, hat man gleich mehrere Probleme gelöst. Das Forschungszentrums Karlsruhe entwickelte ein Verfahren zur Erzeugung eines wasserstoffreichen Produktgases aus Biomasse.

15.03.2006 Bei der Getränke- und Lebensmittelindustrie fällt Biomasse in großen Mengen an, die mit diesem Verfahren sinnvoll genutzt werden könnte. Bei dem Prozess der hydrothermalen Gaserzeugung wird nasse Biomasse nach einer geeigneten Vorbehandlung, etwa durch Zerkleinerung, mit einer Hochdruckpumpe auf Betriebsdruck gebracht. Da es sich um ein flüssiges wässriges Gemisch handelt, ist der erforderliche Energieaufwand dafür gering. Das komprimierte Gemisch wird über einen Wärmetauscher, der mit dem heißen Produktgas betrieben wird, und einen extern beheizten Vorwärmer dem Reaktor zugeführt. Dort entsteht nach kurzen Verweilzeiten im Bereich von Minuten bereits bei Drücken bis zu 300 bar und Temperaturen von 700 °C ein teerfreies gasförmiges Produktgas aus Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid. In geringem Maße entstehen auch höhere Kohlenwasserstoffe und Kohlenmonoxid. Der Umsatz ist nahezu vollständig. Die hohe Raum-Zeit-Ausbeute erklärt sich aus dem hohen Druck und der großen Reaktivität von Biomasse unter diesen Bedingungen.

Nach Passieren des Wärmetauschers und weiterer Abkühlung werden die Produktgase mit nur geringen Verlusten von wenigen Prozent von der wässrigen Phase getrennt und das Kohlendioxid in einem Hochdruckwäscher aus dem Produktgas entfernt. Anorganische Bestandteile bleiben in mineralisierter Form in der wässrigen Lösung zurück. Dadurch entfällt eine aufwändige Gasreinigung. Das Produktgasgemisch wird unter einem hohen Systemdruck bis zu 200 bar gewonnen, was die weitere Handhabung und Verwendung deutlich erleichtert. Dieses Verfahren wurde in der Versuchsanlage VERENA mit einem Durchsatz von 100 kg/h mit unterschiedlichen Einsatzstoffen erfolgreich erprobt. Aus wirtschaftlicher Sicht sind Abfallbiomasse und organisch belastete Abwässer oder Schlämme aus industriellen und landwirtschaftlichen Produktionsprozessen, typischerweise aus der Getränke- und Lebensmittelproduktion, von besonderem Interesse. Bei dieser bisher weitgehend ungenutzten Biomasse handelt es sich oft um nasse Biomasse mit einem Wasseranteil von über 50 Prozent, meist über 80 Prozent. Oft fallen für diese Reststoffe Entsorgungskosten an. Nasse Biomasse kann zwar getrocknet, um dann mithilfe eines konventionellen Verfahrens verbrannt oder vergast zu werden; allerdings ist die Trocknung bei hohem Wassergehalt mit erheblichen Kosten verbunden. In den Versuchsanlagen des Forschungszentrums kamen bisher Maissilage, Trester aber auch Pyrolyseöl und Ethanol z. B. aus der Bioethanol-Herstellung zum Einsatz. Der Wirkungsgrad kann ab 10 Prozent organischem Trockenmassegehalt bei über 60 Prozent liegen.

Unternehmen, Behörden + Verbände: Forschungszentrum Karlsruhe GmbH
Autorenhinweis: Dr. Nicolaus Dahmen, Forschungszentrum Karlsruhe GmbH



Copyright: © Deutscher Fachverlag (DFV)
Quelle: März 2006 (März 2006)
Seiten: 1
Preis: € 0,00
Autor: Prof. Dr. Nicolaus Dahmen
 
 Artikel nach Login kostenfrei anzeigen
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Talsperren - Essenziell fuer die Minderung der Klimawandelfolgen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Die Bedeutung von Talsperren und Wasserspeichern wird in diesem Beitrag im Kontext des Klimawandels und der steigenden globalen Wassernachfrage betrachtet. Die Diskrepanz zwischen Wassernachfrage und verfügbarer Speicherkapazität wächst aufgrund von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Rückgang der Süßwasservorräte. Viele große Talsperren weltweit sind über 50 Jahre alt, was zum Teil Bedenken hinsichtlich ihrer Standsicherheit und Verlandung des Stauseevolumens aufwirft. Die Verlandung ist ein weltweit zunehmendes Problem. Ohne nachhaltige Maßnahmen werden bis 2050 viele Stauseen im Mittel bis zu 50 % verlandet sein. Eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung und Maßnahmen zur Minderung der Stauraumverlandung angesichts eines wachsenden globalen Wasserspeicherbedarfs sind unabdingbar.

Ressourcenorientierte Sanitärsysteme für nachhaltiges Wassermanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Abwassersysteme stehen infolge des Klimawandels und der Ressourcenknappheit vor Herausforderungen. Ressourcenorientierte Sanitärsysteme (NASS) ermöglichen durch eine getrennte Erfassung einzelner Abwasserteilströme (z. B. Grauwasser, Urin) eine gezielte Behandlung und Ressourcenrückgewinnung vor Ort. Zudem können sie bestehende Infrastrukturen entlasten. Praxisbeispiele verdeutlichen aktuelle Anwendungen von NASS. Das Projekt BeReit zeigt, dass eine Urinseparation den Belüftungsbedarf und Spurenstoffemissionen von Kläranlagen reduzieren kann.

Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.