Paradigmenwechsel in der Siedlungswasserwirtschaft beim Umgang mit Regenwasser

Die schädlichen Auswirkungen des bisherigen Ableitungsprinzips und die bestehenden gesetzlichen Anforderungen führen dazu, dass künftig die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts im Bereich von Siedlungs- und Verkehrsflächen zu erhalten ist (§ 1 WHG) Damit tritt eine neue quantitative Zielsetzung neben die bisherige und weiterhin gültige Zielsetzung der Entwässerungssicherheit. Nach § 7a WHG ist zur Erfüllung der Zielsetzungen der 'Stand der Technik' anzuwenden, der an die Stelle der bisherigen 'Regeln der Technik' tritt. Zum Stand der Technik gehört das Konzept der dezentralen Bewirtschaftung. Hauptgegenstand dieses Konzeptes ist die 'bodenbezogene' Bewirtschaftung.

Das Prinzip der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung im Bereich von Siedlungs- und Verkehrsflächen ist Stand der Technik entsprechend WHG, § 7a (5). Es gibt keinen stichhaltigen Grund, diese Technik nicht anzuwenden oder sie nicht zumindest zum Vergleich mit dem bisherigen konventionellen Ableitungsprinzip heranzuziehen. Das dezentrale Prinzip bietet sich auch deswegen an, weil es im Gegensatz zu starren Ableitungsnetzen bisheriger Art höchst flexibel anzuwenden ist, um demografischen und baulichen Veränderungen in Bestands- und Neubaugebieten hinsichtlich der Regenwasserbewirtschaftung zu begegnen. Es ist auch das geeignete Mittel, um den hydrologischen Folgen eines mutmaßlichen Klimawandels nah örtlichem und zeitlichem Bedarf entgegenzuwirken. Es wäre in Kenntnis der Möglichkeiten des dezentralen Prinzips grundfalsch, in Erwartung künftig höherer Abflussspitzen etwa vorsorglich vorhandene Kanalnetze zu vergrößern. Das dezentrale Prinzip bietet über die bisher entwickelten technischen Möglichkeiten hinaus ein großes innovatives Potenzial, das in Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen Siedlungswasserwirtschaft, Stadt- und Freiraumplanung und z. B. der Regelungstechnik ausgeschöpft werden kann. Schon die in diesem Beitrag dargestellte Variante III mit ihrer manuell regelbaren Abflussbeeinflussung weist in die Richtung eines Bewirtschaftungssystems mit Hightech- Elementen, mit denen das System ereignisbezogen noch wirkungsvoller gestaltet werden kann.



Copyright: © Vulkan-Verlag GmbH
Quelle: GWF 07_08/2008 (September 2008)
Seiten: 13
Preis: € 13,00
Autor: Professor Dr.-Ing. Friedhelm Sieker
Dr.-Ing. Heiko Sieker
Dipl.-Ing. Ulrike Zweynert
Dr.-Ing. Zhengyue Jin
 
 Diesen Fachartikel kaufen...
(nach Kauf erscheint Ihr Warenkorb oben links)
 Artikel weiterempfehlen
 Artikel nach Login kommentieren


Login

ASK - Unser Kooperationspartner
 
 


Unsere content-Partner
zum aktuellen Verzeichnis



Unsere 3 aktuellsten Fachartikel

Talsperren - Essenziell fuer die Minderung der Klimawandelfolgen
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Die Bedeutung von Talsperren und Wasserspeichern wird in diesem Beitrag im Kontext des Klimawandels und der steigenden globalen Wassernachfrage betrachtet. Die Diskrepanz zwischen Wassernachfrage und verfügbarer Speicherkapazität wächst aufgrund von Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Rückgang der Süßwasservorräte. Viele große Talsperren weltweit sind über 50 Jahre alt, was zum Teil Bedenken hinsichtlich ihrer Standsicherheit und Verlandung des Stauseevolumens aufwirft. Die Verlandung ist ein weltweit zunehmendes Problem. Ohne nachhaltige Maßnahmen werden bis 2050 viele Stauseen im Mittel bis zu 50 % verlandet sein. Eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung und Maßnahmen zur Minderung der Stauraumverlandung angesichts eines wachsenden globalen Wasserspeicherbedarfs sind unabdingbar.

Ressourcenorientierte Sanitärsysteme für nachhaltiges Wassermanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Abwassersysteme stehen infolge des Klimawandels und der Ressourcenknappheit vor Herausforderungen. Ressourcenorientierte Sanitärsysteme (NASS) ermöglichen durch eine getrennte Erfassung einzelner Abwasserteilströme (z. B. Grauwasser, Urin) eine gezielte Behandlung und Ressourcenrückgewinnung vor Ort. Zudem können sie bestehende Infrastrukturen entlasten. Praxisbeispiele verdeutlichen aktuelle Anwendungen von NASS. Das Projekt BeReit zeigt, dass eine Urinseparation den Belüftungsbedarf und Spurenstoffemissionen von Kläranlagen reduzieren kann.

Folgen und Perspektiven für eine klimaschonende Nutzung kohlenstoffreicher Böden in der Küstenregion Niedersachsens
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (10/2025)
Der Schutz von Mooren und somit kohlenstoffreicher Böden ist ein zentrales Element erfolgreicher Klimaschutzstrategien. Am Beispiel der Küstenregion Niedersachsens wird deutlich, welche sozioökonomischen Folgen eine Wiedervernässung ohne wirtschaftliche Nutzungsperspektiven nach sich ziehen kann. Eine transformative Moornutzung kann nur gelingen, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Rahmenbedingungen, soziale Akzeptanz und ökonomische Realitäten ineinandergreifen.