Wettbewerb in der aktuellen Abfallwirtschaft

Der Wettbewerb in der Abfallwirtschaft wird aktuell kräftig durcheinander gerüttelt: Die Vorbehandlungspflicht für Abfälle bringt vor allem dadurch neue Strukturen mit sich, dass öffentliche Abfallverbrennungsanlagen überfüllt sind. Inwieweit haben Private trotzdem Zugangsansprüche – etwa auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage namentlich entsprechend der essential facilities doctrine? Können sie sich aufgrund des Beihilfenverbotes gegen staatliche Zuwendungen an andere Entsorgungsträger wehren (Teil 1)? Welche Grenzen und auch grenzüberschreitenden Möglichkeiten bestehen für eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der Kommunen (Teil 2)? Deren Beschränkung auf das Gemeindegebiet entsprechend dem Örtlichkeitsprinzip kann europarechtlich keinen Bestand haben.

Die kommunalrechtlichen Grenzen einer wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden sind auch auf die Bereiche der Abfallentsorgung zu beziehen, in denen kommunale Anbieter mit privaten Unternehmen in Konkurrenz stehen, außer es handelt sich um hoheitlich wahrzunehmende Pflichtaufgaben, wie dies nach der Überlassung von Abfällen zur Beseitigung der Fall ist. Die Grundrechte verlangen Abwehrmöglichkeiten Privater auch jenseits einer unerträglichen und schweren Beeinträchtigung, durch die private wirtschaftliche Betätigung unmöglich gemacht oder unzumutbar eingeschränkt wird oder aber eine unerlaubte Monopolstellung entsteht. Indes beschränken auch die Grundrechte nicht, wie die Kommunen die Preise für ihre Pflichtaufgaben gestalten, sofern es sich nicht um Kampfpreise gegen private Anbieter handelt. Entsprechendes gilt für die Grundfreiheiten. Die Grundfreiheiten und die Wettbewerbsfreiheit verlangen eine Aufgabe des Örtlichkeitsprinzips, sofern dieses nicht für die kommunale Aufgabenerledigung zwingend ist. Es kann daher nur für den Bereich der Beseitigung von Abfällen Bestand haben, der auch europarechtlich durch das Prinzip der Nähe und der Entsorgung im jeweiligen Mitgliedstaat nach Art. 5 Abfallrahmenrichtlinie geprägt ist. Soweit bei Verbringungen in andere Regionen Engpässe auftauchen, können einzelne Abfallerzeuger und -besitzer bzw. Entsorgungsregionen bestimmten Anlagen zugeordnet werden. Das gilt insbesondere jetzt angesichts knapper werdender Entsorgungskapazitäten aufgrund der Vorbehandlungspflicht von Abfällen auf Deponien. Diese sowohl vom EuGH82 als auch vom BVerwG gebilligte Vorbehandlungspflicht wird im Übrigen auch dazu führen, dass die Preise für die Deponierung deutlich teurer werden. Daher wird sich das Problem, das im OVG NRW-Beschluss vom 23.03.2005 zugrunde lag, nämlich eine aus Sicht des privaten Anbieters zu niedrige Gebührenfestsetzung für eine Deponierung, in der Praxis regelmäßig nur noch stellen, wenn die erhöhten Kosten durch eine verstärkte Anlieferung von Abfällen überkompensiert werden und eine daraus erwachsende Vergünstigung auch gewerblichen Anlieferern außerhalb des allgemeinen Anschlusszwangs zuteil wird.



Copyright: © Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH
Quelle: Planung von Abfallverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoffkraftwerken (2007) (September 2007)
Seiten: 32
Preis: € 0,00
Autor: Univ.-Prof. Dr. jur. Walter Frenz
 
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