Liebe Leserin, lieber Leser
vor wenigen Jahrzehnten war die Entsorgung gekennzeichnet durch einige zehntausend Kippen, die euphemistisch als Deponien bezeichnet wurden, Kompostwerke, in denen Restabfall behandelt wurde und es gab Verbrennungsanlagen, die getrost als Dioxinschleudern bezeichnet werden durften.
Die Zeiten haben sich geändert: Heutige Entsorgungsanlagen in Deutschland und in wenigen anderen Ländern dieser Welt haben ein damals unvorstellbar hohes Niveau erreicht. Es gibt noch rund dreihundert Deponien höchsten Standards, auf denen unvorbehandelte Abfälle nicht mehr abgelagert werden dürfen.
In Kompostwerken werden nur noch Bioabfälle aus der getrennten Sammlung nach vorheriger Aufbereitung mit dem Ziel der Störstoffauslese zu Kompost verarbeitet. Und weil es dennoch Akzeptanzprobleme für das Produkt Kompost gibt, zeichnet sich die Tendenz zur Vergärung mit Erzeugung von Biogas ab.
Verbrennungsanlagen für Restabfälle und Ersatzbrennstoffe nehmen ebenfalls eine Zwischenstellung zwischen Ent- und Versorgung ein. Die Emissionen der meisten Verbrennungsanlagen liegen heute deutlich unter den sehr niedrigen Grenzwerten der 17. Verordnung zum Bundes-Imissionsschutzgesetz und erfüllen regelmäßig die Irrelevanzkriterien der TA Luft.
Eine der wichtigsten Änderungen in der Abfallwirtschaft ist die Bedeutung der Verwertung. In 2004 wurden etwa 57 Prozent der Siedlungsabfälle verwertet, Tendenz steigend. Da trifft es sich günstig, dass die Preise für Rohstoffe so gestiegen sind, dass sich Recycling auch wirtschaftlich lohnt. Positive Beispiele sind Papier, Glas, Eisen- und Nichteisenmetalle. Auch die Verwertung von Kunststoffabfällen hat qualitativ erhebliche Fortschritte gemacht. Die Aufbereitung dieser zu Abfällen gewordenen Produkte lohnt sich so sehr, dass nicht nur die Kosten für Erfassung und Aufbereitung gedeckt werden, sondern sich der Aufwand auch zunehmend wegen der Gewinne lohnt – ganz abgesehen von der notwendigen Schonung der Ressourcen. Trotz aller Verwertungsbemühungen wird stets ein zu entsorgender Rest übrig bleiben, der mit dem Ziel der Energiegewinnung verbrannt werden muss. Auch die gezielt gewonnenen Ersatzbrennstoffe müssen energetisch verwertet, also verbrannt werden. Dies wird das Energieproblem insgesamt nicht lösen, kann im Einzelfall zur Kosteneinsparung und Ressourcenschonung beitragen.
Die optimistische Einschätzung der abfallwirtschaftlichen Situation in Deutschland und einigen wenigen Ländern kann nicht bedeuten, dass alle Probleme gelöst sind, wie unter anderem immer wiederkehrende Diskussionen über die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen deutlich zeigen. Beispiele sind die aktuellen Debatten über den Umgang mit Verpackungsabfällen, die Bewährung der Restabfallvorbehandlung mit mechanisch-biologischer Abfallbehandlung sowie das Recycling von gemischten und kontaminierten Kunststoffen.
Da die Abfallwirtschaft eine junge Disziplin ist und die Umwelttechnik in Deutschland sich auf hohem Niveau weiterentwickelt, gleichzeitig aber auch die Anforderungen des Umweltschutzes weltweit steigen, werden die Akteure der Abfallwirtschaft noch viel zu tun haben.
Der neue Untertitel Abfall – Rohstoff – Energie. Fachzeitschrift für nachhaltiges Wirtschaften“, den diese Zeitschrift mit der nächsten Ausgabe tragen wird, soll den veränderten Herausforderungen der Abfallwirtschaft Rechnung tragen. Wir wollen damit unseren Anspruch deutlich machen, die Stellung und die Entwicklung der Abfallwirtschaft von der Entsorgung zur Versorgung mit fundierten Fachaufsätzen widerzuspiegeln. Die Fachaufsätze sollen durch wesentliche Nachrichten aus der Industrie, Rechtsprechung und Wissenschaft ergänzt werden. Dazu gehören auch Portraits von Forschungsinstituten, Anlagenlieferanten und Entsorgungsunternehmen sowie Berichte über Dissertationen, Forschungsergebnisse, Fachbücher und wesentliche Veranstaltungen.
Wir arbeiten ständig daran, die Berichterstattung weiter zu verbessern. Als Leser dieser Zeitschrift sind Sie eingeladen, uns Ihre Meinung zum neuen Konzept mitzueilen und Vorschläge zu unterbreiten. Wir freuen uns auf Ihre Briefe und E-Mails.
Bernhard Reiser,
Karl J. Thomé-Kozmiensky
ASK - Unser Kooperationspartner
Unsere 3 aktuellsten Fachartikel
Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen 'Moorschonende Stauhaltung' und 'Anbau von Paludikulturen' in Mecklenburg-Vorpommern
Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern strebt bis 2040 Klimaneutralität an. Die Entwässerung der Moore verursacht knapp 30 % der landesweiten Treibhausgasemissionen - hier ist dringender Handlungsbedarf. Seit 2023 fördern AUKM-Programme die Anhebung von Wasserständen in landwirtschaftlich genutzten Mooren. Es zeigen sich viele Fortschritte, die aber weiterhin auf Genehmigungs-, Finanzierungs- und Koordinationshürden stoßen.
Paludikultur als Chance für Landwirtschaft, Bioökonomie und Klima
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Wirtschaftliche Perspektiven sind notwendig, um die Landwirtschaft für die Umstellung von entwässerter Moorboden-Bewirtschaftung auf nasse Moornutzung zu gewinnen. Paludikultur-Rohstoffe bieten großes Potenzial für Klima und Bioökonomie. Erste marktfähige Anwendungen zeigen, dass sich etwas bewegt.
Die Revitalisierung von Mooren erfordert ein angepasstes Nährstoffmanagement
© Springer Vieweg | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (8/2025)
Globale Herausforderungen wie der fortschreitende Verlust der biologischen Vielfalt, die Eutrophierung von Gewässern und die zunehmenden Treibhausgasemissionen erfordern die Wiederherstellung der natürlichen Funktionen von Mooren. Bis jedoch langjährig entwässerte und intensiv genutzte Moore wieder einen naturnahen Zustand erreichen und ihre landschaftsökologischen Funktionen vollständig erfüllen, können Jahrzehnte vergehen. Ein wesentlicher Grund dafür sind die hohen Nährstoffüberschüsse im vererdeten Oberboden.